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Vorwort

In diesem Blog sind Beiträge über alle Themen und Erfahrungen um Brasilien sehr willkommen. Warst Du im Urlaub und möchtest darüber berichten? Hast Du zum Beispiel Tipps für Brasilianer*innen, die in Deutschland leben, oder für Leute, die nach Brasilien reisen wollen? Oder mal ein leckeres Rezept? Dann erzähl  uns darüber. Ebenso interessant sind Fakten, Daten, Geschichten, und andere Beiträge in Verbindung mit Brasilien, seinem Volk, seiner Natur und seiner Kultur.
Uns erreichst du per E-Mail (info@circulo-br.de) oder Telefon (0176 6342 5242).

Geschichte des Círculo – Part 1: Die Entstehung

Aus einer Rede von Hans Kärcher

Sucht man die Ursprünge des Círculo finden sich diese in Nürnberg. Etliche Brasilianerinnen und Brasilianer lebten dort schon längere Zeit und arbeiteten im medizinischen Bereich, meistens als Krankenpfleger.

Wie es bei Menschen fern der ursprünglichen Heimat so ist, hatten diese Brasilianer Sehnsucht und Heimweh nach ihren Ursprüngen in Brasilien. Fast alle kamen aus Belo Horizonte und aus Rio Grande do Sul, hatten also gemeinsame Wurzeln. Dieses Verlangen brachte die Gruppe Anfang der 1980er Jahre dazu, dass sie ein gemeinsames brasilianisches Fest organisierten. Größtes Problem dabei war die Heranschaffung der originalen Speisezutaten aus Brasilien, denn es gab damals noch keinen brasilianischen Warenkauf in Deutschland. Sie hatten es geschafft und das Unmögliche möglich gemacht. Nach langer Abstinenz gab es die Köstlichkeiten. Die „Gaúchos“ konnten endlich wieder einmal echten Chimarrão und originale Caipirinha genießen.

Das Fest war ein voller Erfolg und jeder fand Gefallen daran. So blieb es nicht aus, dass weitere Treffen und Feste dieser brasilianischen Gruppe in Nürnberg folgten. Die passenden Plätze und Räume fanden sich bald. Für Feste an wärmeren, schönen Tagen traf man sich an der Viehtränke bei Kraftshof. Der Platz bot ideale Voraussetzungen: Die Kinder konnten ungestört im Freien spielen und umhertollen. So hatten deren Eltern die Gelegenheit, sich ungestört mit einem köstlichen Churrasco, mit allem drum und dran, zu befassen. Wenn das Wetter nicht so passte, fanden die Feiern in geeigneten Räumen der „Aikido-Schenke“ des Postvereins in der Nürnberger Roonstraße statt.

Gemeinsame Interessen, Treffen und Feiern, ließ die Gruppe nach und nach zu einem kleinen Verein zusammenwachsen. In ihrem „kleinen Brasilien“ fühlten sie sich wohl und pflegten brasilianische Kultur in kulinarischer Weise, aber auch musikalisch. Dieser kleine brasilianische Verein brachte sich als Keimzelle in den Brasiliansch-Deutschen Kreis ein. Grund dafür, dass Nürnberg im Namen des Circulo erscheint.

Das Nuklearabkommen zwischen Brasilien und Deutschland, welches Mitte der 1970er Jahre startete, brachte den Transfer der Nuclear Technologie nach Brasilien. Dieses umfangreiche Abkommen startete einen intensiven technischen aber auch kulturellen Austausch zwischen den beiden Ländern. In der Erfüllung des Nuklearabkommens kamen zahlreich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der brasilianischen Firmen Nuclen und Furnas mit ihren Angehörigen zum Training an verschiedenen Dienststellen in Deutschland, hauptsächlich nach Erlangen. Einer der Trainees war Florencio Garcia, der dann das Erlanger Büro der brasilianischen Delegation leitete. Er machte sich Gedanken darüber, wie man die Sehnsüchte der hier lebenden Brasilianer, aber auch der aus Rio zurückgekehrten Deutschen, nach Brasilien stillen könnte.

Zunächst stellte er mit Hilfe der Fluggesellschaft Varig eine Bibliothek mit brasilianischen Büchern zusammen. Dann empfahl ihm der damalige brasilianische Konsul in München, bei der gegebenen  Situation doch einen brasilianischen Kreis zu gründen. Von seinen brasilianischen, aber auch deutschen Kollegen bestärkt, schritt Florencio dann beherzt zur Tat und gründete im November 1985 den Brasilianisch-Deutschen Kreis Erlangen/Nürnberg. Die 38-köpfige Gründungsversammlung wählte ihn einstimmig zum ersten Präsidenten des Círculo.

Schon 3 Wochen nach der Vereinsgründung startete mit einer Weihnachtsfeier die erste Veranstaltung. Es kam ein echter „Papai Noel“ und brachte den Kindern Geschenke. Im Februar darauf startete im Aurachsaal der erste Karneval mit einer brasilianischen und einer deutschen Band. Für die Tombola spendierten damals noch die Lufthansa und Varig je einen Freiflug nach Rio und zurück. Eines der frühen großen Feste fand am 07. 05. 1986 im Waldschießhaus statt. Über 200 Personen genossen das brasilianische Nationalgericht „Feijoada“, zu der die Varig eigens 20 kg schwarze Bohnen aus Brasilien einflog. Weitere Veranstaltungen wie Feijoada, Churrasco und eine Vereinszeitschrift wurden in Angriff genommen. Am 27. 06. 1986 fand die erste außerordentliche Jahreshauptversammlung statt, bei der die form- und inhaltgerechte Satzung des Vereines beschlossen wurde.

Tipps von Holger Scholz, Januar 2023

Nachrichten aus Brasilien

Wer sich für brasilianische Nachrichten interessiert, sei auf die adresse hierauf verwiesen:
www.youtube.com/@CNNbrasil .
Das ist ein YouTube-Kanal, der einen Livestream und viele Videos und Podcasts von CNN Brasil bereitstellt.

Fernsehsendungen über Brasilien

Viele interessanten Sendungen über Brasilien können jederzeit auf dem PC, Handy oder auf dem Fernsehgerät mit Internetzugeng gesehen werden. Du findest sie über den Browser in der Mediathek der Sender, z.B. bei der ARD (www.ardmediathek.de), ZDF (www.zdf.de), ARTE (www.arte.tv.de) und 3-Sat (www.3sat.de).
Gib einfach „Brasilien“ im Suchfeld ein. Probiere es mal, es lohnt sich!

Karnevalstraum

„Und nun, was soll ich anfangen mit all dieser Zeit, die ich vor mir habe…?!“
(„Et maintenant“, Gilbert Bécaud / Pierre Delanoë)

Gundula Engstner, März 2021

1987 lebte und arbeitete ich in Westberlin. Das stimmt, im alten Westberlin; noch mit der berühmten Berliner Mauer. Eines Tages las ich, wie üblich, die Monatsschrift „Berlin“, in welcher das Programm von Kinos und Theatern sowie der Sportveranstaltungen und anderen in der Stadt veröffentlicht war. Darüber hinaus brachte sie interessante Informationen über. Aber an jenem Tag habe ich etwas gesehen, was mich als neue Information irritierte: Es waren Anzeigen über Veranstaltungen in Ostberlin! Ich begriff im Unterbewussten, dass sich etwas ändern würde – ich wusste bloß nicht was. Mir kam die Idee, dass jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen ist, die Planung meiner Reise nach Brasilien zur Karnevalszeit in Realität umzusetzen, da dies vielleicht für eine bestimmte Zeit nicht mehr ging.

Ich träumte davon, am Karneval von Brasilien teilzunehmen. Es genügte mir nicht, einfach nur eine Vorstellung davon zu haben. Denn Vorstellungen sind auf die Informationen beschränkt, welche man bereits hat und kennt. Ich wollte wissen, wie es tatsächlich ist, diese Grenzen zu verlassen und den Karneval in vollen Zügen zu erleben, in die Strömung einzutauchen und mich von ihr mitreißen zu lassen. Im März, gerade zur Zeit des Karnevals, reiste ich mit meinem Mann nach Brasilien.

Wir erleben in einer spektakulären Zeit! Wir erhielten Einladungen von Freunden und begleiteten sogar kostümiert den „Galo da Madrugada“ in Recife. Es war wunderbar zu tanzen: Schulter am Schulter auf der Straße im Gedränge dieses Karnevalsumzugs, zwischen den hohen Gebäuden und mit 30 Grad Temperatur zu tanzen. Feuerwehrleute warfen Wasser auf die Menschen, um die Hitze zu lindern – und wir tanzten!

Abends gingen wir nach Olinda. Dort tanzten wir durch die Gassen am Alto da Sé. Plötzlich erhob sich ein lautes Zischen in meinen Ohren, ein „sss sss sss…“. Es musste die Prozession der Tanzenden auf der Straße sein! So, als ob eine gewaltige Riesenschlange über die Steine auf der Straße glitt! Das Geräusch kam von den schlurfenden Schuhen der Tanzenden! Denn sie heben die Füße nicht beim tanzenden Gehen.

Galo_2014
Galo da Madrugada 27 Jahre danach (2014)

Zurück in Berlin schien alles normal zu sein. Der Urlaub in Brasilien waren so beeindruckend, dass ich einige Zeit brauchte, um zu meinem normalen Lebens- und Arbeitstempo zurückzukehren. Die Tage vergingen, Weihnachten kam. Dann erhielten wir im Büro die Mitteilung, dass die Abteilung der Firma, in der ich arbeitete und mich um die Betreuung der Besucher kümmerte, die dienstlich aus Brasilien nach Berlin kamen, aufgelöst werden würde, sodass meine Beschäftigung dort sechs Monate später endete. Das war ein großen Schock für mich. Dennoch hat mir unter anderem die Erfahrung aus dem engen Kontakt mit meinen brasilianischen Kollegen geholfen, die neue Situation leichter zu akzeptieren und zu überwinden und mich neuen Herausforderungen zu stellen. Wenn ich daran denke, bin in ich heute noch jener Intuition dankbar, die mich damals dazu brachte, den Karneval in Brasilien zu erleben.

„Carnaval de Recife“ und Marco Zero

Marcos Pereira, Feb 2021

Einer der bekanntesten Karnevale in Brasilien ist der Carnaval de Recife. Wenn man dort ist, sollte man allerdings den Karneval in Olinda, nur 7 km von der Hauptstadt Recife entfernt, auch besuchen. In Rio erfreut man sich an der prachtvollen und beeindruckenden Parade der Sambaschulen. Ganz anders ist es in Recife und Olinda, wo man eher am Straßenkarneval teilnimmt. Reich an Elementen der Gegenwart sowie Elementen aus der indigenen Kultur, der Kolonialzeit und der afrikanischen Präsenz in der Region, spiegelt dieses lebendige Straßenfest die Traditionen und die Ursprünge des Landes, insbesondere des Nordostens wieder.

Der Karneval von Recife zeichnet sich durch unzählige Blocos de Marcha und Blocos de Frevo (Marsch- und Frevo-Umzugsgruppen) aus. Hier lernt man schnell, dass die Karneval-Marcha („Marscha“ ausgesprochen) nicht mit dem Militärmarsch zu verwechseln ist. Davon hat sie nur den einfachen Grundrhythmus geerbt: eins, zwei, eins, zwei … Großartig, um stundenlang ohne Ermüdung zu tanzen, indem man bloß hin und her schwingt. Dabei ist es kein Problem dem Bloco zu folgen. Das Glas liegt stabil in der Hand, kein Tropfen Bier oder Caipirinha geht verloren.

Bloco de Carnaval. Hier ein Maracatu auf der Bühne am Marco Zero

Der Frevo, der seinen Geburtsort in Recife hat, hat sich zu einem komplexeren Rhythmus und einem schnelleren Tanz entwickelt. Os Blocos de Frevo sind in der Regel kleinere Gruppen. Während des ganzen Jahres üben die Teilnehmer ihre Choreografie, die fast akrobatisch ist und große Schönheit in ihren Figuren und Bewegungen zeigt. Fröhliche Kleidung und kleine bunte Sonnenschirme runden das Ballett ab. Die Blocos de Frevo zu begleiten ist ein tolles Erlebnis und auch ein Geschenk für Augen und Seele. Die reiche Musik zeigt lange Sätze und aufwendige Intros. Das Repertoire besteht großenteils aus Stücken, die durch berühmte Musiker im Lauf der Jahrzehnte komponiert wurden. Neben der Perkussion spielen Blasinstrumente eine wichtige Rolle.

Der Bloco das Flores gilt als der Bloco, der zuerst gegründet wurde. Das hat  eine kleine Gruppe von Musikern, davon Pedro Salgado, Guilherme, Raul Moraes, Felinto und Fenelon in 1920 (100 Jahre im Jahr 2020!) verwirklicht. Diese Namen sind immer noch gut bekannt unter den Bewohnern des Bundstaats Pernambuco, dessen Hauptstadt Recife ist. Heutzutage gibt es so viele Blocos in der Stadt, dass man es nur schafft, eine Auswahl davon während des Karnevals zu sehen.

Der Galo da Madrugada ist derzeit der berühmteste Bloco von Recife. Dieser Straßen-Bloco startete in 1978 mit etwas mehr als siebzig Teilnehmern. In 1994 wurde er ins Guinness-Buch der Rekorde als der weltweit größte Bloco de Carnaval eingetragen, indem eineinhalb Millionen Menschen den Umzug folgten. Vor drei Jahren (2018) trat er mit 30 Trios Elétricos (Karnevalsbands auf großen Lastwagen) und 30 Blocos de Frevo und Orchestern auf. Es gab dabei mehr als zwei Millionen Menschen auf der Straße und auf den Tribünen. Der Galo da Madrugada ist nur am Karnevalssamstag von morgens bis abends zu sehen. Jedes Jahr bleibt bis zum Ende des Karnevals ein neuer allegorischer Hahn (28 Meter hoch im Jahr 2020) auf der Ponte da Boa Vista, einer der Hauptbrücken über dem Fluss Capibaribe stehen.

Dem Bloco mit Riesen-Puppen hinterherr
Fahnenträgerin des Bloco Lírico "O Bonde"

In jüngster Zeit haben sich einige Blocos romantischen und melancholischen Marchas, die häufig über die Vergangenheit erzählen, gewidmet.
So entstanden die Blocos Líricos (lyrische Gruppen) des Carnaval de Recife. Ein gutes Beispiel dafür ist der Bloco Lírico „O Bonde“ („Der Straßenbahn“) mit 120 Teilnehmern (2019), davon 30 im Orchester und im Frauenchor.

Sie tragen rot-, weiß- und goldgeschmückte Trachten. Gegründet durch einige Künstler aus der Theater- und Kunstszene, verwendet dieser Bloco Lírico auch alte europäische populäre Theatermotive, die an die Kolonialzeit in Brasilien erinnern. O Bonde feiert 2021 sein 30-jähriges Bestehen.

Als Kulisse des Carnaval de Recife dienen die schönsten Plätze der Innenstadt, bei denen sich die Zuschauer versammeln, um Shows auf den Bühnen und Paraden auf den Straßen zu sehen und daran teilzunehmen. Die Stadt bietet mit ihren alten, wunderschönen Villen die ideale Umgebung dafür.

Marco Zero (Null-Marke) ist der Bezugspunkt für die Entfernungen zwischen Recife und anderen Städten des Landes, gekennzeichnet durch eine Bronzetafel auf dem Boden des großen Platzes Praça Barão do Rio Branco in der Altstadt. Es befindet sich in der Mitte einer bunten Windrose mit einem Durchmesser von etwa 40 m, die nach Entwurf des brasilianischen Künstlers Cícero Dias (1907 – 2003) auf dem Pflaster dargestellt ist.

Wenn beim Karneval gesagt wird „Ich gehe zu Marco Zero“, wird eigentlich eine Fläche von mehr als tausend Quadratmetern gemeint. Diese umfasst die Plätze Praça Barão do Rio Branco und Praça Arsenal sowie die Straßen zwischen diesen und Cais do Apolo (Allee am Rande des Flusses Capibaribe). Die Karnevalsnächte bei Marco Zero sind unvergesslich. Auf der Hauptbühne, am Praça Barão do Rio Branco wird am Freitag der Karneval eröffnet. Dort gibt es jeden Tag bis mitten in die Nacht Shows von erfolgreichen Popstars wie Zé Ramalho, Elba Ramalho, Alceu Valença, Pitty, Lenine und anderen. Auch Karnevalsorchester und Blocos de Frevo treten dort auf.

Die Praça Arsenal ist der ideale Ort für Familien, Paare, Gruppen und Nachtschwärmer, die zuschauen, mitmachen und durch die Straßen schlendern möchten. Auf einer Bühne treten dort verschiedene Blocos de Carnaval und Blocos Líricos, sowie Bands und bekannte Künstler auf. Auf den Straßen können die Caboclinhos Gruppen und Maracatus begleitet werden.

Die Caboclinhos kleiden sich mit Federkostüme und tragen spezielle Pfeilbögen, mit denen sie den Rhythmus erklingen lassen. Durch ihren Tanz und ihre Kostüme stellen sie die ursprüngliche indigene Kultur Brasiliens dar. Maracatu wird eine Gruppe mit Tänzern und Trommlern genannt, die unter anderem Rituale des afrikanischen Candomblé künstlerisch darstellen.

Gegen den Durst gibt es Mineralwasser, Zuckerrohrsaft, viel Bier und Getränke, die an Straßenständen oder bei Straßenhändlern verkauft werden. Niemand muss hungern, denn es gibt ein vielfältiges Angebot an Acarajés, Hühnerkeulchen, Wurst, Hotdogs, Süßigkeiten und die verschiedensten Gerichte aus der nordöstlichen Küche Brasiliens.

Familie am Praça Arsenal